Brainspotting und EMDR

EMDR ist eine Abkürzung für die „Eye Movement Desensitization and Reprocessing“ genannte Psychotherapiemethode, die in den 1980ger Jahren von Francine Shapiro entdeckt wurde. Die US-amerikanische Forscherin machte bei einem Spaziergang die zufällige Erfahrung, dass das Hin- und Herbewegen der Augen zu einer deutlichen Entlastung von Angst und depressiven Gefühlen bei ihr selbst führte.

Dem EMDR liegt die Annahme zugrunde, dass Menschen grundsätzlich die Fähigkeit haben, belastende Erlebnisse zu verarbeiten, so dass nach deren Verarbeitung keine dauerhaft belastenden Erinnerungen verbleiben. Bei manchen Erlebnissen aber, vor allem bei traumatischen Erlebnissen, kann dieser Verarbeitungsmechanismus gestört sein. Es kommt dann zu unzureichend verarbeiteten Erinnerungen, die durch Außenreize (z.B. Gerüche oder laute Geräusche) wieder ausgelöst werden können und den betreffenden Menschen erneut in Alarmbereitschaft und negative emotionale Zustände versetzen können.

Beim EMDR fokussieren Klienten die belastenden Erinnerungen in einem sicheren Rahmen und werden dabei gleichzeitig bilateral stimuliert. Bilaterale Stimulierung bedeutet, dass ein optischer (sehen), akustischer (hören) oder taktiler (spüren) Reiz abwechselnd links und rechts erfolgt. Die Gleichzeitigkeit von Erinnerung und bilateralem Reiz stößt im Gehirn einen Informationsverarbeitungsprozess an, der die belastenden Erinnerungen verblassen lässt oder ihnen die emotionale Heftigkeit nimmt.

2006 ist EMDR als wissenschaftlich begründete Psychotherapiemethode anerkannt worden.

Brainspotting wurde 2003 von David Grand, einem US-amerikanischen Psychotherapeuten, entwickelt. David Grand hatte zunächst selber mit EMDR gearbeitet, dann aber bei der Arbeit mit einer Klientin festgestellt, dass sich eine emotionale Blockade nicht durch Bilateralität lösen ließ, sondern durch das Fokussieren auf einen bestimmten Punkt im Sichtfeld der Klientin. Daraus schloss er, dass Gefühle davon beeinflusst werden, wohin man schaut, bzw. dass es eine neurologische Verbindung zwischen psychischen Inhalten und der Blickrichtung gibt. Daraus leitet sich der Name „Brainspotting“ ab: Das Herausfinden des mit den problematischen Inhalten verbundenen Punktes im Sichtfeld des Klienten und die Verarbeitung belastender Inhalte mit Blick auf diesen Punkt.

In der Praxis wird beim Brainspotting mit einer Kombination aus bilateraler Musik, Fokussierung auf problematische Erinnerungen oder Gefühle und damit verbundene Körperempfindungen sowie gleichzeitiger Fokussierung auf den dazugehörigen „Brainspot“ gearbeitet. Ebenso wie beim EMDR werden durch die hier gewählte Vorgehensweise belastende Erinnerungen und Emotionen so verändert, dass ihr Belastungsgrad abnimmt oder nicht mehr gespürt wird.

Problematische Erinnerungen und die damit verbundenen Gefühle sind häufig nicht mehr bewusst zugänglich. Sie wirken aus dem Unbewussten und lassen sich nur schwer fassen und zum Gegenstand von therapeutischen Gesprächen machen. Bei solchen Erinnerungen ist Brainspotting eine gute Therapiemethode, denn sie arbeitet über die psychische und körperliche Aktivierung direkt mit den Hirnarealen, in denen belastende Emotionen gespeichert werden.
Obwohl Brainspotting besonders für die Behandlung von Traumata geeignet ist, hat die Praxis mit dieser Psychotherapiemethode gezeigt, dass sich viele Beschwerde- und Störungsbilder gut mit Brainspotting behandeln lassen.